Überblick
Viele Studierende berichten in den Gesprächen, die sie mit uns führen, von Ein- und Durchschlafproblemen. Wenn Sie diesen Text aufgerufen haben trifft das vermutlich auch auf Sie zu. Die hier aufgeführten Maßnahmen helfen (konsequent angewendet) Ihnen sehr wahrscheinlich, diese Probleme in den Griff zu bekommen. Möglicherweise sind aber auch zusätzlich individuelle Maßnahmen nötig. Sollten Schlafstörungen sehr gravierend und langanhaltend sein, sollten Sie einen Arzt konsultieren. Bei den hier aufgeführten Maßnahmen handelt es sich um solche, die Ein- und Durchschlafschwierigkeiten verringern. Das heißt, dass sie bei Personen angewandt werden können, die zu der geplanten Zeit zu Bett gehen, nicht einschlafen können und lange (> 20 Minuten) wach liegen. Nicht behandelt werden an dieser Stelle Probleme, die daraus resultieren, dass Personen das Zu-Bett- Gehen aufschieben, da sie meinen zu der Zeit, zu der sie eigentlich zu Bett gehen wollten doch besser noch etwas anderes zu tun. Die hier aufgeführten Maßnahmen werden Sie so oder so ähnlich auch an anderen Stellen unter dem Begriff "Schlafhygiene" finden.
Die vorgeschlagenen Veränderungen werden eventuell schon sehr schnell wirken. Wahrscheinlicher ist jedoch, dass sie erst nach ein paar Tagen oder sogar Wochen langsam zu wirken beginnen. Gewohnheiten, die einen guten Schlaf verhindern sind zwar keine hilfreichen Gewohnheiten aber eben doch Gewohnheiten und diese können oft erst allmählich durch bessere Gewohnheiten ersetzt werden. Ich bitte Sie deshalb um etwas Geduld, sollten Sie nicht sofort eine Verbesserung Ihres Schlafes erfahren: Training ist notwendig.
Auch kann es sein, dass Sie die Maßnahmen als Einschränkung empfinden und sich sagen, dass andere ja ebenfalls ohne diese Maßnahmen gut schlafen können. Dagegen lässt sich sagen, dass Schlafschwierigkeiten ja ebenfalls eine Einschränkung bedeuten. Wenn wir als Metapher für Schlafschwierigkeiten einen grippalen Infekt nehmen (natürlich hinkt der Vergleich an einigen Stellen, sollte aber im Wesentlichen funktionieren), dann brauchen wir für die Behandlung des grippalen Infektes eventuell Maßnahmen, die auch unangenehm sind und die wir, wenn wir gesund sind, nicht brauchen. Es könnte sein, dass wir dann nämlich inhalieren, (Infra-)Rotlicht nutzen, heiße Zitrone trinken, mit irgendwelchen Halsspülungen gurgeln, einen Schal tragen, uns bewusst mehr Vitamin C als normalerweise zuführen und auf sportliche Aktivitäten zeitweise verzichten. Dies alles müssen wir nicht machen, wenn wir sowieso gesund sind - dann macht es keinen Sinn. Wenn wir aber Probleme mit einem grippalen Infekt haben, dann haben die Maßnahmen sehr wohl einen Sinn. Entsprechend sind die im Folgenden aufgeführten Maßnahmen sinnvoll bei Menschen, die Schlafschwierigkeiten haben, andere werden sie nicht benötigen. Das ist zwar nicht gerecht aber eventuell notwendig, um (wieder) zu einem angenehmen, erholsamen Schlaf zu kommen und dann den Tag mit mehr Energie nutzen zu können.
Die Maßnahmen gliedern sich in drei Bereiche:
- Maßnahmen zur Verbesserung der Regelmäßigkeit des Schlaf-Wach-Rhythmus
- Maßnahmen zur Vorbereitung des Schlafens
- Maßnahmen zum Umgang mit akuten Ein- und Durchschlafstörungen
Als vierten Punkt haben wir kurze Aussagen zu verschiedenen Substanzen, die den Schlaf beeinflussen, hinzugefügt.
Maßnahmen zur Verbesserung der Regelmäßigkeit des Schlaf-Wach-Rhythmus
Regelmäßiges Aufstehen und Zu-Bett-Gehen
In unserem Körper laufen verschiedene Vorgänge nach einem täglich wiederkehrenden Rhythmus ab: Die Körpertemperatur ist abends höher als morgens, der Hunger kommt zu bestimmten Zeiten, sogar das maximale Füllvolumen der Blase ist morgens früh größer als zu anderen Tageszeiten. Diese Rhythmen sind aber nicht unabhängig voneinander. Eine Störung eines dieser Rhythmen kann Störungen in anderen Bereichen nach sich ziehen. Somit ist es bei Schlafstörungen wichtig, neben einem regelmäßigen Schlaf auch regelmäßige Essenszeiten einzuplanen. Die Abweichungen der Zu-Bett-Geh-Zeiten sollten nicht größer sein als 30 Minuten. Dies gilt auch für die Wochenenden! Gehen Sie aber auch nicht regelmäßig zu früh ins Bett, sondern erst dann, wenn Sie wirklich müde sind.
Auch die Zeit des Aufstehens sollte regelmäßig erfolgen, damit sich der Körper an den Rhythmus gewöhnt. Das Aufstehen ist dabei noch wichtiger als das Zu-Bett-Gehen! Hier gilt also: Auch am Wochenende höchsten 30 Minuten Abweichung zu dem Aufstehen unter der Woche einkalkulieren. Der erste Schritt zu einem besseren Schlaf ist das Festlegen und Einhalten einer regelmäßigen Aufstehzeit.
Von einem Mittagsschlaf ist dringend abzuraten. Dieser ist umso kontraproduktiver je länger und je später am Tag er ist. Gerade noch akzeptabel ist ein sehr kurzes Nickerchen (unterschiedliche Autoren geben dafür unterschiedliche Maximalzeiten zwischen 10 und 20 Minuten an), das aber in jedem Fall vor 15:00 Uhr liegen sollte. Andernfalls wird der abendliche Schlafdruck deutlich reduziert. Das Gegenteil, nämlich körperliche Aktivität während des Tages ist hilfreich.
Um einen besseren Schlaf zu trainieren, erscheint es auch wichtig, nicht zu lange im Bett zu verbringen. Deshalb sollten Sie die Zeit, die Sie im Bett liegen (unabhängig, ob Sie da schlafen oder nicht!) begrenzen. Als Faustregel kann dabei gelten: Liegezeit = durchschnittliche tägliche Schlafenszeit in der letzten Woche. Eine längere Liegezeit wirkt sich meist extrem nachteilig auf den Schlaf aus.
Pünktliches Aufstehen
Wie schon dargelegt, ist der Zeitpunkt des Aufstehens für die Stabilisierung des Schlafrhythmus besonders wichtig. Deshalb sollten Maßnahmen ergriffen werden, die dafür sorgen, dass man auch wirklich zum geplanten Zeitpunkt aufsteht. Im Einzelnen hat sich dafür als hilfreich erwiesen:
- Der einmal gewählte Zeitpunkt ist auf jeden Fall einzuhalten, egal wieviel Sie tatsächlich geschlafen haben. Machen Sie sich klar, dass es zwar dazu kommen kann, dass Sie deshalb ein paar Tage, vielleicht sogar ein paar Wochen lang sehr müde sein können, dass die Belohnung aber darin liegt, dass Sie in Zukunft besser werden schlafen können.
- Helles Licht hilft, dass man morgens richtig wach wird. Also: Direkt nach dem Aufwachen Licht anschalten bzw. Vorhänge oder Rollläden öffnen – Tageslicht ist am besten.
- Machen Sie nach dem Aufstehen Dinge, die den Kreislauf anregen: heiß und kalt im Wechsel Duschen; etwas Kaltes trinken; sich bewegen.
Maßnahmen zur Vorbereitung des Schlafens
Der Wach-Schlaf-Rhythmus ist, wie oben beschrieben mit anderen körperlichen Tagesrhythmen gekoppelt, wenn es gut klappt. Deshalb sollten/sollte vor dem Zu-Bett-Gehen Folgendes beachten:
- 4 - 8 Stunden keine koffeinhaltigen Getränke (Kaffee, schwarzer Tee, Cola, Energy-Drinks, Mate etc.) mehr trinken. Bei manchen Menschen wirkt Koffein sogar bis zu 14 Stunden schlafschädigend!
- 3 Stunden keine großen Mahlzeiten mehr einnehmen; bestimmte kleine Snacks kurz vor dem Zu- Bett-Gehen (z.B. Banane, Schokolade, Milch mit Honig - Lebensmittel, die L-Tryptophan enthalten, was leicht antidepressiv und leicht schlafanstoßend wirken soll) sind in Ordnung.
- 3 Stunden vorher keine alkoholischen Getränke mehr trinken. Alkohol hilft zwar manchen Menschen beim Einschlafen führt aber auch schon bei kleineren Mengen zu einer Verschlechterung der Schlafqualität und reduziert damit die Erholung durch das Schlafen.
- 3 Stunden keine Zigaretten o.Ä. mehr rauchen. Nikotin wirkt ähnlich wie Koffein. Besonders in Kombination mit Alkohol wirkt es sich extrem negativ auf die Schlafqualität aus.
- 3 Stunden vor dem Zu-Bett-Gehen keine körperlichen (oder geistigen) Höchstleistungen mehr zeigen. Durch Anstrengung wird das sympathische Nervensystem angeregt. Danach braucht es einige Stunden, bis sich diese Erregung wieder zurückgebildet hat.
- Auch psychisch anstrengende Dinge sollten einige Zeit vor dem Schlafen vermieden werden. Planen Sie nicht den nächsten eventuell stressigen Tag kurz vor dem Zu-Bett-Gehen. Sollten Sie das doch tun, ist die Gefahr groß, dass Sie durch die Gedanken daran noch eine ganze Weile wach gehalten werden.
- Vor dem Einschlafen sollte grelles Licht vermieden werden. Dimmen Sie das Licht nach Möglichkeit.
- Mindestens 1 Stunde vor dem Zu-Bett-Gehen sollten Sie bewegte Bilder vermeiden, denn diese regen ebenfalls an. Dazu zählt meistens Fernsehen und auch die Nutzung des Internet bzw. das Spielen von schnellen PC-Spielen. Das gleiche gilt für laute Geräusche (auch laute Musik).
- Nach Möglichkeit sollte ein sehr regelmäßiges Ritual (für die Nacht umziehen, Zähneputzen, den Frühstückstisch richten o.Ä., Entspannungsübung – s.u.) in stets gleicher Weise durchgeführt werden.
- Eine Entspannungs- und/oder eine Imaginationsübung sollte durchgeführt werden
- Als Entspannungsübung könnte autogenes Training oder Progressive Muskelrelaxation nach Jacobson (PMR) dienen. Audioanleitung z.B. unter:
https://www.tk.de/techniker/magazin/life-balance/aktiv-entspannen/progressive-muskelentspannung-zum-download-2021142 - Als Imaginationsübung kommt das sogenannte „Ruhebild“ in Frage, an das sich PMR anschließen lässt. Beim Ruhebild geht es darum, sich eine Situation vorzustellen, die angenehm und beruhigend ist. Dies kann die Erinnerung an das Liegen an einem wunderschönen Strand sein, die Erinnerung an den Garten der Großeltern oder die Küche der Tante. Es kann auch eine reine Phantasiesituation (z.B.: einsame Insel) sein. Wichtig ist dabei, dass Sie sich das Ruhebild mit allen Sinnen (also: Sehen, Hören, Riechen, Schmecken und mit den Hautsinnen) ganz intensiv und detailreich vorstellen. Dabei sollte vermieden werden, andere (insbesondere bekannte) Menschen in der Vorstellung unterzubringen.
- Als Entspannungsübung könnte autogenes Training oder Progressive Muskelrelaxation nach Jacobson (PMR) dienen. Audioanleitung z.B. unter:
Sie sollten grundsätzlich eine Schlafumgebung schaffen, die für sie angenehm (Temperatur, Ruhe, vor dem Schlafen-Gehen lüften!) ist und die ausschließlich für das Schlafen reserviert ist. Ein absolutes Nogo ist das Lernen im Bett! Auch das Besprechen von Problemen mit dem Partner oder der Partnerin im Bett ist kontraproduktiv. Für Beides sollten nach Möglichkeit andere Orte genutzt werden. Das Bett sollte lediglich zum Schlafen da sein.
Maßnahmen zum Umgang mit akuten Ein- und Durchschlafstörungen
Wenn Sie nachts aufwachen oder lange Zeit nicht einschlafen können, tun bzw. tun Sie nicht die folgenden Dinge:
- Nichts Essen - der Körper gewöhnt sich schnell daran, wenn er immer zu einer bestimmten Zeit gefüttert wird. Er wird dann automatisch aufwachen und mit großem Hunger reagieren.
- Morgens ist helles Licht gut für´s Aufstehen. Beim nächtlichen Erwachen möglichst gedimmtes Licht nutzen oder das Licht ganz ausgeschaltet lassen.
- Nicht auf die Uhr sehen. Das kann schnell große Ungeduld auslösen und den Gedanken: "Mist, schon 3 Uhr - jetzt ist wieder eine Nacht ohne guten Schlaf vorbei". Im Zweifel die Uhr wegdrehen.
- Möglichst zunächst einmal nichts tun. Nur wenn sie Grübelgedanken sehr stark belästigen, sollten Sie bei nächtlichem Erwachen diese Gedanken aufschreiben und eventuell über eine Ablenkung nachdenken. Die Ablenkung sollte dann aber durch eine ruhige Tätigkeit stattfinden (z.B. etwas Lesen), keinesfalls durch Tätigkeiten, die auch vor dem Einschlafen zu vermeiden sind.
Substanzgebrauch
Im Folgenden ein paar kurze Informationen zu Substanzgebrauch im Zusammenhang mit dem Schlaf. Die verschiedenen Substanzen sind unterschiedlich hilfreich oder gefährlich und manche können zu einer Abhängigkeit führen. Substanzen setzen zumeist auch lediglich an den Symptomen an, weshalb es nach dem Absetzten der Substanz zu Rezidiven kommt - die Ursache hat sich nicht verändert. Wenn Sie überhaupt die Einnahme von Substanzen zum Schlafen in Erwägung ziehen, sollten Sie diese nicht länger als drei Wochen einnehmen und sich vorher bei einem Arzt genau über Risiken und Nebenwirkungen informieren.
- Pflanzliche Mittel, die im Rahmen von Schlafstörungen eingesetzt werden, sind unter anderem: Baldrian, Johanniskraut, Hopfenzapfen, Melisse und Passionsblumenkraut. Sollten Sie diese Präparate einnehmen wollen, dann möglichst als Tablette o.Ä., wo die Dosis eindeutig definiert ist.
- Künstlich hergestellte Schlafmittel sind unter anderem: Benzodiazepine, Nicht-Benzodiazepin- Agonisten; Barbiturate; Antihistaminika und andere. Benzodiazepine und Barbiturate sollten auf keinen Fall über einen längeren Zeitraum angewandt werden, da ein hohes Abhängigkeitsrisiko besteht. Barbiturate besitzen zusätzlich das Problem, dass sie eine geringe therapeutische Breite haben, das heißt, dass sie bei einer Überdosis schnell zu lebensbedrohenden Zuständen führen.
- Cannabis wirkt sehr unterschiedlich. Oft wird es von Konsumenten als Einschlafhilfe benutzt. Die Wirkung hängt jedoch sehr vom Individuum, der Gewöhnung und der eingenommenen Menge der Substanz ab. Allgemein wird davon ausgegangen, dass Cannabis die Zeiten des REM-Schlafs (also die Schlafphase, in der wir die meisten Träume haben) reduziert. Beim Absetzen von Cannabis wird sie wieder verlängert und es kommt zu teilweise sehr intensiven Träumen. Abgesehen von den rechtlichen Problemen sowie den Problemen durch Nebenwirkungen und Abhängigkeit scheint Cannabis als Schlafmittel nicht gut zu funktionieren.
- Alkohol wirkt teilweise schlafanstoßend, sorgt aber dafür, dass die Zeiten der Tiefschlafphasen verringert werden! Somit ist Alkohol bei Schlafschwierigkeiten kontraproduktiv.
Weitere Informationen zu Schlafstörungen erhalten Sie z.B. unter: http://www.schlafgestoert.de/site-1.html
Podcast
Podcast der ptb zur Wiederherstellung des Schlafrhythmus!
Wenn Ihr Schlafrhythmus in den letzten Wochen durcheinander geraten ist und Sie unter Schlafstörung leiden, finden Sie hier unseren Podcast dazu.
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