Prüfungsangst - ist das nicht normal?

Ein Urzeit-Jäger sitzt am Waldrand und ruht sich aus. Plötzlich knackt es hinter ihm. Der Jäger dreht den Kopf, um zu sehen, woher das Geräusch kommt. Er sieht einen Säbelzahntiger auf sich zukommen...

Was ist normal?

Was unterscheidet Studierende mit Prüfungsängsten von denen, die scheinbar keine Probleme haben, sich Situationen auszusetzen, an denen am Ende eine Bewertung erfolgt? Diese Seite soll Ihnen nützliche Hinweise geben, um die eigene Situation besser zu verstehen. Hierfür wurden zur Vertiefung weiterführende Links an den Stellen eingerichtet, wo im Netz auf das jeweilige Thema Bezug genommen wird.

Ein gewisser Grad an Prüfungsangst wird von allen Studierenden empfunden und von vielen als durchaus unproblematisch wahrgenommen. Jede/r vor einer Prüfung hat schon einmal z.B. die schwitzigen Hände und den erhöhten Herzschlag bei sich gespürt oder die Befürchtung gehegt, eine Prüfung zu "verhauen". Für manche ist eine gewisse Anspannung vor und während Prüfungssituationen überhaupt erst nötig, um die erforderlichen Leistungen abzurufen.

Ein Beispiel für dieses Phänomen ist das "Lampenfieber" vor einem Auftritt, das dazu "verhilft" die Sinne auf das Anstehende zu konzentrieren. Allerdings scheint der Angstbegriff in diesem Zusammenhang verfehlt. Es bedeutet nichts anderes, als sich in ein bestimmtes, arbeitsreiches Stressniveau zu begeben. Dies scheint auch notwendig, denn Prüfungen werden zumeist als Stresssituationen aufgefasst.

Wann beginnt Prüfungsangst?

Es erscheint geradezu ein Balanceakt, nicht in einen negativen, lähmenden Stresszustand zu verfallen. Bei dieser Gratwanderung können Prüfungsängste beginnen. Es scheint eine andere Einstellung zu Prüfungen vorzuliegen, wenn Prüfungsängste zur Belastung werden. Die Symptome sind vielfältig und äußern sich – teilweise äußerst heftig – sowohl körperlich (Unruhe, veränderte Durchblutung, flache Atmung, Schlafstörungen etc.) als auch gedanklich, wenn von einem bedrohlichen, Angst auslösenden Szenario ausgegangen wird. Diese Gedanken stören die Prüfungsvorbereitung wie auch die eigentliche Prüfungssituation, machen sie manchmal, im Falle eines "Blackouts", sogar unmöglich. Ein Großteil Studierender leidet mehr oder weniger an Prüfungsängsten. Sollten Sie betroffen sein, fühlen Sie sich bitte in "guter Gesellschaft".

Was kann getan werden?

Nur selten sind es reale Erfahrungen, in denen das befürchtete Szenario – Misslingen der Prüfung – tatsächlich eingetreten ist. Trotz vielfacher positiver Erfahrungen in Prüfungssituationen besteht weiterhin die Befürchtung, es könnte beim nächsten Mal schief gehen. Wenn es vorrangig die Gedanken sind, welche die Angst fördern, können – bei einem "Umdenken" – Gedanken in den Vordergrund treten, die förderlich sind, um eine Prüfung erfolgreich zu bestreiten, also eine realistische Einstellung zur Prüfungssituation zu gewinnen. Sich auf einen derartigen Gedankenwechsel einzulassen, ist schwierig und als Prozess anzusehen. Wie lässt sich aber nun eine Veränderung des Blickwinkels beeinflussen, die eine Einstellung zu Prüfungssituationen verbessert?

Dazu ist es notwendig, sich zuerst einen Überblick zu verschaffen, welche Gedanken genau meine real erlebte Angst auslösen. Drei Fragen der "rationalen Selbstanalyse", die dazu beitragen die automatisierten Gedanken zu durchbrechen (Ursula Steinbuch), können dabei helfen:

  1. Ist das, was ich denke wahr? (Entspricht mein Gedanke der Wirklichkeit, ist er realistisch?)
  2. Ist das was ich denke, hilfreich für mein Ziel? (Führt mein Gedanke zu dem gewünschten Ziel, hilft er, das Ziel zu erreichen?)
  3. Fühle ich mich gut, wenn ich so denke? (Ist mein Gedanke geeignet, unerwünschte Gefühle zu vermeiden?)

Oft kommt bei einer Selbstanalyse zum Vorschein, dass überhöhte Ansprüche sowohl an sich ("nur eine sehr gute Zensur ist als Ergebnis akzeptabel") als auch an die Situation ("der Prüfer gilt als schwierig", "das Thema ist nicht zu bewältigen") gestellt werden, einhergehend mit der Tendenz zu negativer Selbstkritik ("ob ich das kann, bezweifle ich sowieso", "zu versagen ist unerträglich").

Haben Sie Schwierigkeiten, sich einer derartigen Gegenüberstellung zu unterziehen, so scheuen Sie sich nicht, mit einer Person Ihres Vertrauens darüber zu sprechen. Beachten Sie, dass es nicht verwerflich ist, solche Sorgen und Ängste zu haben. Oft wird erst im Gespräch deutlich, wie sich doch mancher Gedanke zu einem "Horrorszenario" entwickelt hat.

Ein Beispiel aus der Beratung

Eine Studierende befindet sich in der Endphase ihres Studiums und steht vor der letzten Klausur, bevor es an die Abschlussprüfungen geht. Das Thema der Klausur ist ihr wohl vertraut und hat ihr bisher keine Probleme bereitet. Trotzdem hat sie bereits in der Lernphase Schwierigkeiten, sich auf das Thema zu konzentrieren. Morgens fühlt sie sich bereits wie "gerädert" und möchte am liebsten gar nicht aus dem Bett. Wenn sie am Schreibtisch sitzt und lernt, schweifen ihre Gedanken ständig ab. Manchmal fängt sie einfach grundlos an zu weinen und ihr Hals fühlt sich dabei wie zugeschnürt an. Wenn sich abends ihr Freund mit ihr verabreden möchte, sagt sie ihm lieber ab und legt lieber noch eine "Extra-Schicht" ein, da sie der Meinung ist, tagsüber zu wenig dafür getan zu haben. Nachts schläft sie nur noch unruhig und wacht mehrfach auf, mit der Angst, in der Prüfung zu versagen.

Durch einen Hinweis einer guten Freundin findet sie den Weg zu uns in die Beratung. Sie kann sich anfangs nicht erklären, warum sie sich überhaupt "so einen Stress macht". Im Gespräch stellt sich heraus, dass es nicht das eigentliche Thema der Klausur ist, was ihr Sorge bereitet. Vielmehr sind es die eigenen Vorstellungen und Erwartungen, die ihr vorrangig im Weg stehen. Da sie das Thema "eigentlich" gut beherrscht, erwartet sie eine ausgezeichnete Zensur von sich, obwohl in ihrem Fall nur ein Bestehen erforderlich ist und die Note keine Relevanz hat. Die Prüfenden kennen sie als gute Studierende und beurteilten die vorherigen Leistungen durchgängig positiv. Es wäre ihr unangenehm, und sie würde sich schämen, "ausgerechnet" in der letzten Klausur zu enttäuschen. Da es die letzte Klausur vor den Abschlussprüfungen ist, kommen Gedanken an die Zeit nach dem Studium auf, was zusätzliche Unsicherheit produziert. Eigentlich geht es mir als Studierende doch ganz gut. Warum soll sich das ändern? Wie geht es dann weiter? Bekomme ich einen Job?

Im Beispiel wird deutlich, dass die Ängste, bei der Klausur zu versagen, vor allem auf Gedanken beruhen, die mit dem eigenen Anspruchsdenken zu tun haben. Hinzu kommen Sorgen, geachtete Personen zu enttäuschen, sowie unbestimmte Ängste vor Zukünftigem. Mit der eigentlichen Prüfungssituation haben diese Vorstellungen nichts zu tun.

Im Beratungsprozess konnte darauf hingearbeitet werden, die inneren Fragen von der Prüfungsvorbereitung abzukoppeln. Durch das "Sichtbar Werden" der eigentlichen Gründe für die Hemmung, sich in die Prüfung zu begeben, konnte ein besseres Verständnis für die eigene Situation erwirkt und ein "innerer Frieden" mit sich gemacht werden. Es wurden realistische Ziele vereinbart, die ein Gelingen der Klausur und später der Abschlussprüfungen beförderten.

Sorgen Sie für Entspannung

Ein wichtiges Element für eine gelingende Prüfung ist, mit Ruhe und Entspannung an die Sache heran zu gehen. Entspannungstechniken dienen dem Stressabbau und führen zu mehr Gelassenheit. Nützliche Hinweise bietet die Techniker Krankenkasse auf ihren Seiten Entspannung contra Stress, wo nicht nur auf den Einklang von Körper und Seele eingegangen wird. Insbesondere Hinweise auf die "richtige Atmung", "zum Wohlfühlen" und "Entspannung durch Bewegung" erscheinen zwar offensichtlich, werden in Stresssituationen aber gerne vernachlässigt. Vielleicht beherrschen Sie ja bereits eine Methode wie z. B. das Autogene Training, Yoga oder eine asiatische Kampfsportart. Sonst schauen Sie doch mal beim Hochschulsport vorbei, wo eine breites Angebot auf Sie wartet, sich vom Uni-Stress zu erholen.

Bereiten Sie sich vor

Wie bei allen Prüfungen gilt eine gute Vorbereitung zum Schlüssel des Erfolgs. Oft aber wurde es im Studium versäumt, sich Techniken des wissenschaftlichen Arbeitens wie zum Beispiel "Richtig lernen", zur Selbstorganisation und zum Zeitmanagement anzueignen. Es wird ausdrücklich empfohlen, sich mit diesen Techniken auseinanderzusetzen, um eine bessere Prüfungsvorbereitung zu erlangen. Halten Sie an Ihrer Fakultät Ausschau nach derartigen Tutorien oder Seminaren. Ängste können gemindert werden, wenn strukturierter und zielgerichteter in der Lernphase vorgegangen wird. Es kommt zu einer realistischeren Einschätzung des zu bearbeitenden Stoffes.

Allerdings sind selbst bestens Vorbereitete nicht immer vor Prüfungsängsten gefeit. Bedenken Sie, dass nicht immer alles gelernt werden kann und manchmal ein gewisser "Mut zur Lücke" unumgänglich ist. Richten Sie sich auf Ihre Stärken aus. Drehen sich Ihre Gedanken dagegen nur um Ihre Defizite und das, was Sie womöglich nicht beherrschen, können sich Prüfungsängste verstärken.

Vor allem das gemeinsame Vorbereiten auf eine Prüfung kann Ängste mindern. Simulationen der Prüfungssituation vor anderen helfen, sicherer und geübter die Situation zu meistern.

Schauen Sie sich um. Gibt es vielleicht eine Lerngruppe, ein Tutorium oder Kolloquium, dem sie sich anschließen können? Oder können Sie sich vorstellen eine "Arbeitsschwierigkeitengruppe" zu initiieren? Hilfreiche Tipps hierfür hält der Leitfaden bei Arbeitsschwierigkeiten für Studierende der Psychosozialen Beratung Oldenburg vor.

Weiterführende Hilfen

Einen sehr guten Einstieg über "Prüfungsangst verstehen und bewältigen" verschafft Dr. Helga Knigge-Illner für die Psychologische Beratung der FU Berlin. Eine weiterführende Beschreibung findet sich auf der Seite der Psychotherapeutischen Beratungsstelle Braunschweig mit der "Broschüre "Prüfungsangst" von Andreas Witte. Ausführlich und empfehlenswert zur Problematik: Christof T. Eschenöder, "Selbstsicher in die Prüfung" (ISBN 393209624X).

Sollte die Hürde, Prüfungsangst zu überwinden, zu groß sein, ist es ratsam, professionellen Rat einzuholen. Unsere Beratung steht Ihnen kostenlos mit Einzelgesprächen wie auch entsprechenden Gruppenangeboten zur Verfügung. Bei Fragen, Anmerkungen, Hinweisen auf Verbesserungsvorschläge oder Kritik senden Sie uns bitte eine Mail.

Gern verweisen wir hier auch auf die Kolleg*innen der Lernwerkstatt der LUH, die auf Ihrer Seite u.a. die Broschüre "Starthilfe Lernen" zur Verfügung stellen.  Diese bietet eine Hilfestellung , dass eigene Lern- und Arbeitsverhalten zu prüfen sowie gezielte Übungen um Lernstrategien  individuell anzupassen. Weiter bietet die Lernwerkstatt auch Workshops und individuelle Beratungen rund um das Thema Lernen und Prüfungsvorbereitung an.

Kontakt

Tomma Aulbert
Anmeldung und Information
Adresse
Im Moore 13
30167 Hannover
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